Nationalmuseum “Tschornobyl” in Kiew
Das ukrainische Nationalmuseum “Tschornobyl” wurde am 26. April 1992 in den Räumlichkeiten der ehemaligen Feuerwehrwache des Kiewer Podol Stadtteils eröffnet. Von hier aus
traf man damals die ersten Entscheidungen bei der Beseitigung der Katastrophenfolgen und koordinierte die Löscharbeiten am havarierten AKW. Das Museum befindet sich in der
Chorevij Str.1 an der U-Bahn Station “Kontraktowa Plosha” in einem der ältesten Stadtteile Kiew´s. Vor dem Gebäude des Museums befindet sich eine kleine Ausstellung mit
Fahrzeugen die während der Katastrophe im Einsatz gewesen waren. Dem Zustand zufolge handelt es sich dabei vermutlich nicht um Originale sondern um identische Fahrzeuge.
Die Ausstellung vermittelt mit über insgesamt 7000 Exponaten das Wissen über die größte atomare Katastrophe in der Geschichte der Menschheit - hier findet man einst geheime
Dokumente, Fotos, Karten, persönliche Sachen der Liquidatoren sowie ethnische Gegenstände und Stücke aus der Sowjetepoche. Die Sammlung kam nach und nach Zustande,
da viele der Dokumente damals als geheim eingestuft und erst vor einigen Jahren zur Veröffentlichung freigegeben wurden. Am Eingang werden die Besucher mit einem Spruch in
Latein unter einem symbolisch dargestellten Ortsausgangsschild von Tschernobyl begrüßt: “ Est dolendi modus, non est timendi” (Die Trauer hat Grenzen, die Sorge nicht).
Über eine Treppe geht es in den Hauptsaal hinein. An der Decke über der Treppe sind die Ortsschilder der insgesamt 76 Ortschaften aus der Zone der Entfremdung befestigt.
Der Boden im Hauptsaal besteht aus mehreren hundert aneinander gefügten quadratischen Platten, die insgesamt den Eindruck eines RBMK-1000 Reaktordeckels entstehen lassen.
Ringsherum sind die unzähligen Ausstellungsstücke an den Wänden und in den Vitrinen untergebracht. Im Zentrum des Saals befindet sich eine symbolische Ikonostase in deren Mitte
eine Schaukel in Form eines mit Puppen gefüllten Bootes hängt. Die Fragmente der Ikonostase wurden aus der verlassenen Woskresenskaja Kirche von den Mitarbeitern des Museums
hierher gebracht. Die ethnische und religiöse Komponente spielt in der Gestaltung des Museums eine wichtige Rolle die den Gegensatz zwischen Tradition und Technologie darstellt.
Mehrere Fototafeln welche die Form eines Reaktormonitors bilden, sind die definitiven Blickfänger im Hauptsaal des Museums. Anstatt der jeweiligen Anzeigen der Reaktorkanäle
wurden auf den Tafeln die Fotos von betroffenen Kindern angebracht. Eine große Anzahl der hier gesammelten Exponate erzählen von der heldenhaften Arbeit der Liquidatoren -
Spezialisten verschiedenster Berufe, Soldaten sowie einfache Menschen deren Schicksal durch die Katastrophe bestimmt wurde. Das Museum bietet die Möglichkeit einzigartige
Originalaufnahmen und anderes thematisiertes Videomaterial anzuschauen. Zudem gibt es eine Nachbildung eines RBMK-1000 zur Veranschaulichung seiner wichtigsten Funktionen.
Im Großen und Ganzen ermöglicht das Museum seinen Besuchern einen intensiven Einblick in die fast 30 jährige Geschichte der größten, jemals vom Menschen verursachten
Katastrophe zu bekommen. Dazu trägt sicherlich auch die sehr gelungene Atmosphere und detailreiche Gestaltung bei. Hier bekommt man für ein kleines Geld (etwa 3 Euro)
mindestens eine Stunde alles Erdenkliche um das Thema “Tschernobyl” zu hören und zu sehen. Es ist empfehlenswert für jeden der die Katastrophe mit den Augen der Liquidatoren
durch ihre Erzählungen und Augenzeugenberichte anderer Betroffenen erleben möchte. Es ist eine wirklich sehr gelungene und an Hintergrundwissen reiche Ausstellung.
Video: Im Hauptsaal des Museums